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Erste Trogfahrt im neuen Schiffshebewerk Niederfinow

Schiffshebewerk Niederfinow
Erste Trogfahrt im neuen Schiffshebewerk Niederfinow

Haiger, im Juni 2020.

Hebetechnik für den reibungslosen Schiffsverkehr zwischen Berlin (Deutschland) und Stettin (Polen)

Seit 2009 wird im Rahmen des „Anti-Stau-Programms“ der Bundesregierung am neuen Schiffshebewerk Niederfinow gebaut, das nach seiner Eröffnung das älteste noch in Betrieb befindliche Schiffshebewerk in Deutschland aus den 1930er Jahren ablösen soll. Dieses geschützte Industriedenkmal lässt seit 1934 Wasserfahrzeuge auf dem teils ca. 250 Jahre alten Wasserweg einen Höhenunterschied von 36 Metern überwinden. Für einige Zeit wird das neue Schiffshebewerk am östlichen Ende der Havel-Oder-Wasserstraße nach Eröffnung zusätzlich vom alten Hebewerk unterstützt.
 

Das neue Schiffshebewerk Niederfinow Nord hat einen hohen Stellenwert für die verkehrsinfrastrukturelle Vernetzung in Europa. Mit dem Neubau wird ein bedeutender Engpass auf der einzigen transeuropäischen Ost-West-Wasserstraßen-Verbindung zwischen Stettin und Duisburg beseitigt. Mit dem Neubau können die immer breiter und länger werdenden modernen Güter- und Containerschiffe mit bis zu 104 Standardcontainern Ladung diese Wasserstraße ebenfalls nutzen.
 

Damit wird der gültige europäische Standard erfüllt und zudem die Voraussetzung geschaffen, zunehmend Gütertransporte auf den umweltfreundlichen und kostengünstigen Verkehrsträger Wasserstraße zu verlagern. Das Ende der Bau- und Inbetriebnahmearbeiten sowie die Eröffnung sind für Anfang 2021 geplant.
 

Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem jahrzehntelang nahezu störungsfreien Betrieb des alten Schiffshebewerks wurde für das neue Schiffshebewerk an dem mechanischen Grundprinzip festgehalten, damit die jährlich ca. 20.000 Wasserfahrzeuge den Geländesprung weiterhin problemlos überwinden können.
 

Ebenso wie das alte Schiffshebewerk mit seinen bis zu 150.000 Besuchern jährlich, wird auch das neue Hebewerk zu besichtigen sein. Über Aufzüge und Brücken kann das Innere erkundet und auf den Besuchergängen in fast 50 Metern Höhe der Vorgang des Hebens und Senkens der Wasserfahrzeuge beobachtet werden.
 

SIEMAG TECBERG ist verantwortlich für die anspruchsvolle Maschinentechnik
 

Als Partner der ARGE Niederfinow ist die SIEMAG TECBERG group mit ihren wissensbasierten Dienstleistungen in den Bereichen Engineering / Ausführungsplanung, Beschaffung, Fertigungsüberwachung, Montageüberwachung und Begleitung der Inbetriebsetzung verantwortlich für die anspruchsvolle Maschinentechnik. Dies betrifft z. B. den Trogantrieb, die Trogsicherung, die Troghaltevorrichtung, die Trogführungen sowie die Gegengewichtsanlage. Zukünftig können bis zu 11,45 m breite und 110 m lange Wasserfahrzeuge in dem 115 m langen Trog Niederfinow passieren.
 

Dies ermöglicht die Hebetechnik des Schiffshebewerks, die nach dem Gegengewichtsprinzip wie bei einer Koepe-Maschine funktioniert, da die Masse des mit Wasser gefüllten Troges gemäß dem archimedischen Prinzip beim Einfahren eines Schiffes gleichbleibt.
 

Die SIEMAG TECBERG group bringt ihre jahrzehntelange Erfahrung mit Gegengewichtsanlagen im Bergbau in dieses Projekt ein. Beim neuen Hebewerk hängt der gefüllte Schiffstrog an 224 Stahlseilen mit einem Durchmesser von 60 mm, welche über 112 Doppelseilrollen mit einem Durchmesser von 4 m die Verbindung zu den beidseitigen Gegengewichtsgruppen herstellen.
 

Durch das Gegengewichtsprinzip wird die installierte Leistung des Antriebs zum Heben und Senken des ca. 9.800 t schweren Schiffstrogs gering gehalten. Als Antriebsleistung sind in 4 Antriebseinheiten in Summe 1.280 kW installiert.
 

Damit wird eine Fahrzeit für die 36 m Hubhöhe von ca. 3 Minuten gegenüber ca. 5 Minuten beim alten Hebewerk erreicht. Für mögliche Störfallszenarien ist analog zum alten Hebewerk ein Trogsicherungssystem installiert, welches aus 4 Drehriegeln mit an den Pylonen befestigten Mutterbackensäulen besteht und im Falle eines zu hohen Ungleichgewichts den Schiffstrog sicher hält.
 

Auf Basis des Bauherrenkonzepts hat SIEMAG TECBERG als für die Maschinentechnik verantwortlicher Partner ebenfalls die hydraulisch betätigten Troghaltevorrichtungen in den oberen und unteren Anlegestellungen, sowie horizontale Trogführungseinrichtungen in der Längs- und Querrichtung des Bauwerks komplettiert.
 

Im April dieses Jahres erfolgte im Rahmen der Inbetriebsetzung eine erste Trogfahrt als Leerfahrt ohne Schiff zur oberen Anlegestellung, um den Trogantrieb erstmals erfolgreich auf Funktionalität zu prüfen.
 

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